Digitaler Nachlass: Anbieter machen es Nutzern schwer Zugang zu finden

- Verbraucherzentrale untersucht 14 Anbieter zu Regelungen im Falle des Todes

- Ergebnis: Informationen kaum auffindbar, Handhabe sehr unterschiedlich

- Verbraucherzentrale fordert mehr Transparenz und praxistaugliche Regeln

Hannover, 22.10.2018 – Auch digitale Verträge gehen mit allen Rechten und Pflichten auf die Erben über – das hat der Bundesgerichtshof (BGH) kürzlich klargestellt. Doch wie sieht die Handhabe in der Praxis aus? Dieser Frage ist die Verbraucherzentrale Niedersachsen nachgegangen. Im Rahmen einer nicht repräsentativen Stichprobe hat sie 14 Anbieter verschiedener Onlinedienste zufällig ausgewählt. Überprüft wurde jeweils, ob Hinterbliebene Benutzerkonten löschen können und welche Regelungen im Falle eines Todes gelten. Das Ergebnis: Informationen sind schwer auffindbar, für Hinterbliebene ist es meist sehr umständlich, Zugang zu im Internet eröffneten Accounts zu erhalten oder diese zu löschen.

E-Mail- und Messaging-Dienste, soziale Netzwerke, Fitness-Armbänder oder „Smart-Home“-Anwendungen – Verbraucher bewegen sich zunehmend digital. Ob und in welchem Umfang Erben über die Daten verfügen können, war bisher unklar. Sicherheit schafft ein Urteil des BGH. Danach ist der digitale Nachlass ebenso wie das Erbe von Gegenständen zu behandeln. Das heißt: Erben können über sämtliche digitale Daten des Verstorbenen verfügen. Die Umsetzung ist allerdings oft umständlich und kompli-ziert, wie die Stichprobe der Verbraucherzentrale zeigt: „Teilweise drängt sich der Eindruck auf, dass Anbieter den Zugang zu Informationen unnötig erschweren“, erklärt Kathrin Körber, Rechtsexpertin der Verbraucherzentrale Niedersachsen. Beispielsweise sind die Informationen so gut wie nie in den Allgemeinen Geschäfts- oder Nutzungsbedingungen zu finden, sondern lediglich in Hilfe- oder FAQ-Bereichen. Mitunter führt sogar nur eine Suche in der Community oder eine freie Internetsuche zum Erfolg.

Hinzu kommt: Die Handhabe ist sehr unterschiedlich und oft wenig praxistauglich. Für Hinterbliebene eine zusätzliche Belastung in ohnehin oft schweren Zeiten. Beispielsweise verlangen Anbieter teilweise einen Erbschein, um ohne Benutzerdaten Zugriff auf Accounts zu erhalten. Dieser wird aber grundsätzlich erst nach Antritt des Erbes ausgestellt. „Hinterbliebene müssen im schlimmsten Fall also ohne Zugang zu Vertragsinhalten entscheiden, ob sie ein Erbe annehmen möchten“, so Körber. Dabei ist der Erbschein gesetzlich oft gar nicht notwendig: In vielen Fällen wäre ein gerichtliches Eröff-nungsprotokoll und eine beglaubigte Abschrift der Verfügung von Todes wegen ausreichend. Demgegenüber stehen einige Anbieter, die nur eine Kopie der Traueranzeige oder der Sterbeurkunde verlangen. „Diese Handhabe ist ebenso unbefriedigend, da die Dokumente nichts über den Erbstatus aussagen und Unbefugten leicht Zugriff auf digi-tale Dienste verschaffen können“, kritisiert die Rechtexpertin.

Wünschenswert wären transparente, leicht auffindbare Informationen und praxistaugliche Regelungen, die vor Missbrauch schützen. „Vorstellbar wäre es etwa, dass Kunden bereits im Benutzerkonto eine Vertrauensperson benennen sowie gegebenenfalls Wünsche für den Umgang mit dem digitalen Dienst nach ihrem Tod hinterlegen können“, sagt Körber. So könnten unnötige Barrieren abgebaut und sichergestellt werden, dass nur vertraute Personen Zugriff zu persönlichen Daten erhalten.