"Gegen das Höfesterben" - eine fünfteilige Serie

Der Trend geht in die Stadt. Das Höfesterben ist seit Jahrzehnten politisch gewollt. Man denke nur an den Manshold-Plan. Der ländliche Raum wird für junge Menschen immer unattraktiver.

Ländliche Räume werden jedoch auch in unterschiedlicher Weise durch die Politik unterstützt – zum Beispiel mit Förderprogrammen. Der bedeutendste Förderansatz sind die Entwicklungsprogramme für den ländlichen Raum, an deren Zielsetzung, Ausgestaltung und Finanzierung die Länder, der Bund und die EU mitwirken. Aber auch Modellprojekte helfen, neue Instrumente der Regionalentwicklung zu erproben. Die Entwicklungsprogramme und Modellprojekte sind inhaltlich breit angelegt und zielen vorrangig darauf ab, Wirtschaftskraft und Lebensqualität in ländlichen Regionen zu verbessern.

Aus Newsletter „AGRAR-HINWEISE“ vom 21.03.2018

GEGEN DAS HÖFESTERBEN

Wir stellen hier Landwirte vor, die nicht Mitglied im Bauernverband sind, sondern in der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL). Die AbL setzt sich für den Erhalt kleinerer und mittlerer landwirtschaftlicher Betriebe ein und können ein wichtiges Instrument gegen die Landflucht sein. Doch diese agrarpolitischen Positionen stehen häufig im Widerspruch zu denen des Bauernverbands.

Udo Haas blickt eher pessimistisch in die Zukunft: Kleine Betriebe werden durch Konzerne ersetzt.

Der Schriftzug „Ei love you!“ prangt auf dem Mobilstall. Davor picken Hühner Weizen auf. „Bis zu 25.000 Schläge macht ein Huhn am Tag“, kommentiert Landwirt Udo Haas das Picken. Auch Hund Oskar springt über das Feld. „Er ist immer dabei. Ohne ihn läuft das Auto gar nicht“, witzelt Haas. Das Feld liegt beim Flugplatz, ein paar Minuten Autofahrt von Haas‘ Bioland-Hof in Illertissen-Betlinshausen entfernt. Umzäunt ist es nicht. Bald wechseln die Hennen aber auf ein umzäuntes Feld, denn die Füchse bekommen gerade ihre Jungen und die brauchen Futter. „Wenn der Fuchs reinkommt, gerät er in einen Blutrausch und macht bis zu 40 Hühner tot, nimmt aber nur eines mit“, sagt Haas.

Ein Nebenerwerb und doch mehr

900 Legehennen und 20 Hähne hält der 53-jährige Landwirt, verteilt auf mehrere Hühnermobile. Der Vorteil: „Um einen Stall herum sind die meisten Fäkalien und Krankheitserreger“ – denen seien die Hühner aber nicht lange ausgesetzt, weil man den Mobilstall versetzen kann. Überdies baut Haas auf 140 Hektar Ackerland Kartoffeln, Erbsen, Ackerbohnen, Sojabohnen, verschiedenes Getreide, Kernobst und Erdbeeren an. Ehefrau Andrea (48) macht die Buchhaltung, eine Vollzeit- und eine Teilzeitkraft arbeiten auf dem Hof mit. Für Haas ist die Landwirtschaft nur ein Nebenerwerb.  Hauptsächlich bietet er Dienstleistungen in den Bereichen Erdbau, Abbruch und Asphalt an. Ökologische Landwirtschaft ist für den gläubigen Haas eine Herzensangelegenheit: „Ich mache es aus Respekt  vor der Natur und Gottes Schöpfung.“

2001 hat Haas den Hof von seinen Eltern übernommen und direkt auf Bioland umgestellt. Dem Bauernverband trat er nie bei – dafür aber 2005 der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL). Ein Grund: Der Verein kämpft gegen Nachbaugebühren. Die muss ein Landwirt an den Pflanzenzüchter bezahlen, wenn er einen Teil der Ernte aufbewahrt, um ihn im nächsten Jahr wieder auszusäen. Außerdem biete die AbL mit der „Unabhängigen Bauernstimme“ eine unabhängige Berichterstattung. Beim Bauernverband dagegen sei „die Meinungsfreiheit eingeschränkt“. Denn in dessen Gremium seien viele Vertreter aus der freien Wirtschaft, etwa aus den Bereichen Agrarchemie und Saatgut. „Wes Brot ich ess, des Lied ich sing“, zitiert Haas eine altbekannte Wendung und fährt fort: „Bei der AbL ist das nicht der Fall.“

Auch die Politik sei mit der Wirtschaft verbandelt, sagt Haas. Landwirte hätten mit billigen Erzeugerpreisen, Nachbaugebühren und Gentechnik zu kämpfen – und das werde politisch in die Wege geleitet. „Diese politischen Monstren wirken auf den Bauer ein und machen ihn fertig.“ Im Moment rentiert sich die Landwirtschaft für Haas noch. Sein Blick in die Zukunft ist aber eher pessimistisch: „Die Landwirtschaft wird nicht den Bach runtergehen. Aber die Besitzer werden wechseln: von kleinen Betrieben zu Konzernen. Denn jeder Bauer muss immer noch mehr arbeiten, immer noch mehr Risiko tragen und wird dafür in die Pfanne gehauen mit schlechten Erzeugerpreisen.“

Extra lange Legeperiode

Seine Produkte verkauft Haas im Hofladen, außerdem an Abnehmer aus der Region. Obwohl es Bioland laut Haas nicht vorschreibt, werden  die Hühner erst nach anderthalb Jahren geschlachtet – eine halb so lange Legeperiode sei üblich. Auf 1,3 Hektar Weidefläche können sich die Tiere frei bewegen, Antibiotika kommen nie zum Einsatz.

Auf dem 6.500 Quadratmeter großen Hofgelände haben nicht alle Maschinen Platz, weshalb einige unter Zelten am Ortsrand stehen. Haas plant eigentlich eine komplette Aussiedelung, wartet aber noch auf die Genehmigung vom Landratsamt Neu-Ulm. Beim Gang über den Hof immer dabei ist Hund Oskar. Doch plötzlich ist er verschwunden. „Er geht ins Dorf spazieren“, sagt Haas. Er springt in sein Auto, weiß genau, wo sich Oskar herumtreibt. „Die Hündinnen sind läufig. Sonst ist er der bravste Hund der Welt.“