"Schulden streichen"

                   Elmar Altvater referierte am 15. 5. 2014 über den „politischen Euro“

Der Euro war, wie Elmar Altvater, emeritierter Professor an der FU Berlin, vor den Teilnehmern einer Veranstaltung des Friedenszentrums ausführte,  als scheinbar „unpolitische“, völlig neutrale Währung konzipiert. Dass  er sich politisch auswirken würde, zeigte sich spätestens in der Eurokrise seit 2008. Begonnen hat diese nicht in Europa, sondern in den USA als Immobilienkrise.

Aber Altvater holte noch weiter aus. Er nahm sein zahlreich in der Alten Waage erschienenes Publikum  mit auf eine Zeitreise in die Siebziger Jahre, als das 1944 in Bretton Woods etablierte Währungssystem der Nachkriegszeit zusammenbrach und im Zeichen des Neoliberalismus die bisher regulierten Märkte freigegeben wurden. Vor allem auf den Finanzmärkten, bei den großen Versicherungen, Hedgefonds usw. sammelten sich ungeheure Mengen von Geld, das auf der Suche nach potenziellen Schuldnern war. Altvater beschrieb, wie mit billigen, ab 1982 dann stark erhöhten Krediten die Staaten des Südens in eine Schuldenfall gelockt wurden, aus der sie nur herauskommen konnten, wenn sie strenge Austeritätsregeln befolgten. Damals wurde im Umkreis des IWF der Washington Consensus erfunden, der den betroffenen Staaten ein rigides Sparprogramm verordnete, das primär auf Einschnitten im Gesundheits- und Bildungsprogramm beruhte. In der nachfolgenden Asien- und Russlandkrise wurde wiederum auf diese Weise verfahren. Der 11. September 2001 verschaffte der US_Notenbank die Möglichkeit, die Wirtschaft mit billigen Krediten zu überschwemmen, die im Immobiliensektor angelegt, zu faulen Krediten führte, die mit Hilfe von Finanzinnovationen weiterverkauft werden konnten.

Mit ihnen kam die Krise nach Europa, und mit ihr die von der Troika (inklusive IWF) überwachten Sparmaßnahmen, unter denen vor allem die südeuropäischen Länder leiden.  

Wie wieder herauskommen? Altvater hält nur ein Mittel für wirkungsvoll: den möglichst weitgehenden Schuldenschnitt. Er verwies auf die Tradition dieses schon in der Bibel und im antiken Athen unter Solon angewendeten Mittels. Auch Deutschland hatte nach dem Zweiten Weltkrieg davon profitiert. Es würde den immer tiefer in der Krise versinkenden Staaten Südeuropas einen Neuanfang ermöglichen.

In der anschließenden Diskussion ging Altvater auf weitere flankierende Maßnahmen wie Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen und die Einführung einer Börsentransaktionssteuer.ein Letztlich müsse man aber mit immer neuen „Blasen“ des anlagehungigen Kapitals rechnen. Dagegen gebe es kein Heilmittel als die Abschaffung des Kapitalismus.

Es war ein kämpferischer Vortrag, den Altvater im Vorfeld der Europawahl hielt. Denn nur unter gerechten Bedingungen sei Frieden auch im Inneren möglich. Das Publikum dankte mit lang anhaltendem Beifall.