Kannibalismus an der schönen Tochter NiWo?

- In der Braunschweiger Zeitung nicht abgedruckter Leserbrief vom 26.05. zum Thema NiWo und Sanierungsstau (BZ 23.05. und BZ 25.05.07) -

Vor einem guten Jahr berichtete die BZ, der Oberbürgermeister habe klargestellt, dass die "8000 Wohnungen der NiWo-Bau nicht im Angebot" seien, also nicht zum Verkauf ständen (BZ 16.03.06). Das war ein halbes Jahr vor der Wahl. Nun, acht Monate nach der Wahl, liest der erstaunte Bürger die folgende Aussage des OB: "Unangetastet bleibt auf jeden Fall das Paket mit rund 7000 städtischen Wohnungen der Nibelungen Wohnbau." (BZ 25.05.07)

Also sind bereits 1000 Wohnungen verkauft - einfach so, ohne angemessene Information der Bürger, ohne große Debatten. In Freiburg ist ein Oberbürgermeister, der 8900 Wohnungen verkaufen wollte, per Bürgerentscheid dafür abgestraft worden. Soll das gleiche Programm nun in Braunschweig auf "neuen Wegen" durchgesetzt werden?

Der Verdacht liegt nahe. Die BZ meldet, die NiWo solle nach dem Willen der Stadt "Anteile an sich selbst" von Stadt und Stadtwerken kaufen. Die NiWo gehört zu 51% direkt der Stadt und zu 49% indirekt, über die Stadtwerke. Sie ist also schlicht eine Tochter der Stadt. Wenn sie nun die besagten Anteile von der Stadt kaufen soll, untergräbt das ihre Handlungsfähigkeit. Kreditaufnahme oder weiterer Wohnungsverkauf wären wohl die Folge. Irgendwann würde dann der Ruf nach dem Retter aus der Privatwirtschaft gebieterisch laut. Die Stadt dagegen hätte 10 Millionen kurzfristige "Einnahmen" - aber eben auf Kosten der Zukunft ihrer Tochter.

Da wirkt es wie ein Hilferuf, wenn die NiWo in ihrem Geschäftsbericht 2006 von einem "Desinvestionsprogramm von 2004 bis 2007" spricht, das ihr die Stadt als Hauptgesellschafterin verordnet hat. Deutlich wird dort allgemein vor einer Politik gewarnt, die "an Stelle der nachhaltigen Entwicklung der Bestände" das Ziel einer "ausschließlich kurzfristigen Gewinnorientierung" stelle. Das sind klare Worte, die eine breite Diskussion verdient haben - und die der BZ hoffentlich auch mehr als die 20 Zeilen in der Ausgabe vom 23.05.07 wert sein werden.

Andreas Matthies Braunschweig