Misstrauen ist 1. Bürgerpflicht

Wenn heutzutage in der Politik von Freiheit gesprochen wird, schrillen bei politisch interessierten Bürgern die Alarmglocken. Das Gegenteil ist in der Regel gemeint, nur nach allen Regeln der Kunst marketingtechnisch verpackt. Sei das Freiheitsgerede auch noch so gut verpackt – meistens handelt es sich um eine Lüge, die dahinter steckt.

Kaum noch verpackt ist der Angriff auf unsere Demokratie durch das derzeit verhandelte Freihandelsabkommen zwischen den USA und der EU. Alles ist hoch geheim, wird uns Bürgern gesagt. Nein, ist es nicht, die Industrie und das Kapital sitzen mit am Tisch und verhandeln mit. Und warum überhaupt geheim: Allein diese Tatsache, dass in Washington hinter verschlossenen Türen verhandelt wird, nur Lobbyisten der am Abkommen interessierten Investoren und Großkonzerne Zugang haben, erweckt nicht nur Misstrauen, sondern ist demokratischen Staaten als Verhandlungspartner unwürdig.

Dabei verdient das verhandelte TTIP-Tafta-Projekt  (TTIP = "Transatlantic Trade and Investment Partnership") alle erdenkliche mediale Aufmerksamkeit und breiteste Berichterstattung. Das Projekt gehört auf die Titelseiten der Zeitungen und als erste Nachricht auf alle Sender, zumindest in die, die sich der Demokratie verpflichtet fühlen, und nicht nur dem Kommerz. Als regelmäßiger Brennpunkt vor den Nachrichten statt der Börsenkurse, ist der Verhandlungs"fortschritt" allemal wert.

Sollte dem so sein (fragen wir doch mal unsere Europa- und Bundestagabgeordneten), was das Verhandlungsprojekt zur Zielsetzung hat, ob Wesensgehalte demokratischer Verfassungen souveräner Staaten ausgehebelt und somit politische und soziale Errungenschaften der letzten 200 Jahre geschliffen werden. Träfe das zu, käme das Unterzeichnen einer Selbstentmachtung der Souveräne aller Unterzeichnerstaaten gleich. Von den politischen Repräsentanten demokratischer Staaten darf erwarte werden, dass sie dieser Selbstentmachtung nicht zustimmen.

Doch fragen wir doch mal in die Koalitionsverhandlungen hinein und ebenso die zukünftigen Oppositionsparteien und zudem noch kurz vor der Europawahl, was unsere Vertreter von dem Freihandelsabkommen wissen und was sie von den verschlossenen Türen halten und ob sie uns regelmäßig in Pressemitteilungen übermitteln möchten, von dem, was da so verhandelt wird.

Wenn Sie wissen wollen, was da in Washington so verhandelt wird, dann lesen Sie

TAFTA - die große Unterwerfung“ von Lori Wallach in der Le Monde diplomatique, Nr. 10255 vom 8.11.2013, Seite 1, 16-17, 866 Dokumentation

Lori Wallach leitet die weltweit größte Verbraucherschutzorganisation Public Citizen's Global Trade Watch in Washington, D.C.: www.citizen.org.

Aus dem Englischen von Niels Kadritzke