Nahrungsmittel aus Niedersachsen - Guten Appetit!

Niedersachsen ist ein Land der Nahrungsmittelproduktion. Die Landwirtschaft ist stark und exportorieniert. Der Raum Cloppenburg/Vechta hat den stärksten Tierbesatz Europas. In dem ohnehin struktur- und wirtschaftsschwachen Niedersachsen muss jede wirtschaftliche Stärke gefestigt werden. Die Politik hat alles zu Unternehmen, um diesen Wirtschaftszweig zu stärken.

Wirklich alles? Endlich mal eine gute Nachricht für die Verbraucher: "Die überwiegende Mehrheit der Lebensmittel in Niedersachsen ist sicher", sagte Landwirtschaftsminister Gert Lindemann (CDU). Nach all den Skandalen um Klebeschinken, Analogkäse, Dioxin in Fleisch und Eiern und zuletzt mit EHEC-Bakterien verseuchte Sprossen ist man fast geneigt dem Minister nicht zu glauben. Doch Lindemann hat es schwarz auf weiß - im Verbraucherschutzbericht 2010, den er am Freitag vorstellte (siehe Bericht NDR).

Im Grunde ist diese Aussage des Ministers Lindemann ein Skandal, wenn der stolz verkündet, dass die Mehrheit der Lebensmittel sicher ist. Das ist doch eine schlichte Selbstverständlichkeit. Diese Aussage ist jedoch nicht ohne Bedacht getan worden, sie hat ein Ziel: Sie soll dem Bürger deutlich machen, dass er Lebensmittelskandale zu tolerieren hat. Das ist nun mal der Preis für den Fortschritt, sei er auch ein Rückschritt.

Doch damit nicht genug. Wer die Nerven hat, sollte sich in der Pressemitteilung der Grünen Nds. den Bericht von Report über das größte Niedersächsische Geflügelunternehmen Wiesenhof ansehen. Er ist unten verlinkt.

Das Problem ist inzwischen nicht mehr die Landwirtschaft an sich in Niedersachsen. Auch der Schweinepfotenfall in Braunschweig ist nicht der eigentliche Skandal. Skandalös die die Politik geworden, die diese Zustände bewusst befördert. Der Fisch stinkt bekanntlich vom Kopfe her.

Der viel gelobte Neoliberalismus mit seiner Marktradikalität und Zerstörung selbstverständlicher staatlicher Leistungen, fordert auch hier seine Opfer. Je weniger Kontrolleure ein Land hat, desto "liberaler" kann sich seine Wirtschaft entwickeln. Kontrolleure behindern die Wirtschaft, so das Credo, außerdem kosten die auch Steuergelder und sind im allgemeinen Wachstumswettbewerb der Standorte hinderlich. Ziel ist also nicht die weitgehende Verhinderung von Lebensmittelproblemen, sondern die Stärkung des Wettbewebs. Skandale sind schon eingepreist und weden mit PR glattgebügelt. Der Konsument hat bald wieder vergessen, so das berechtigte Kalkül.

Das will der Herr Minister Lindemann auch ausdrücken. Stellt euch nicht so an ihr Bürger, wir sind im Wettbewerb. Da müsst ihr schon mal was aushalten.

Zum Braunschweiger "Schweinepfotenfall" stellt sich die Frage von Gabriele Peters von der Verbraucherzentrale Niedersachsen, warum die Behörden nicht allein schon beim Verdacht auf Unregelmäßigkeiten bei diesem sensiblen Thema zügiger gehandelt haben. Warum braucht man vier Monate bei den Behörden? Jürgen Sperber, Pressesprecher der Stadt Braunschweig, erklärte, das Amt habe die Routinekontrollen in dem Unternehmen nach dem Hinweis erhöht. Am 21. Juli habe sich der Verdacht erhärtet - dann habe es die Staatsanwaltschaft eingeschaltet.

 

Zu diesem Thema passen folgende Nachrichten:

Die Verbraucherorganisation Foodwatch will mit Klage Auskunft über Gammelfleisch erhalten. LAVES in Oldenburg verweigert Auskunft.

Oder nehmen wir mal die Pressemeldung von den Grünen:

1. September 2011 GRÜNE: Politische Verbindungen von Geflügelkonzern Wiesenhof zu CDU offenlegen

Der stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Landtagsgrünen Christian Meyer hat in Zusammenhang mit den am Mittwoch (gestern) in der ARD-Sendung "Report" erhobenen Vorwürfen gegen das niedersächsische Unternehmen Wiesenhof die "Offenlegung der Verflechtungen zwischen CDU und dem Wiesenhof-Konzern" gefordert. Es sei nicht akzeptabel, dass die "grausigen Zustände" in den Hühner- und Putenmastanlagen nicht viel entschiedener von der Landesregierung und den zuständigen Landesbehörden überprüft und abgestellt würden, sagte der Grünen-Politiker am Donnerstag (heute) in Hannover.

Nach Dokumenten, die Meyer vorliegen, soll zum Beispiel die Mastputenbrüterei der Familie der ehemaligen niedersächsischen CDU-Agrarministerin Grotelüschen zu wesentlichen Anteilen der Lohmann AG von Paul-Heinz Wesjohann  gehören. "Es stellt sich die Frage, ob damit auch eine finanzielle Abhängigkeit der Familie Grotelüschen zur Paul-Heinz-Wesjohann-Gruppe bestanden hat", sagte der Grünen-Politiker. Offengelegt werden müsse auch, welche Rolle die Lohmann-Stiftung und der Wiesenhof-Konzern spielen würden und ob von dieser Seite der Versuch der Einflussnahme auf die Politik unternommen worden sei. So sei auch ein Staatssekretär im Bundesagrarministerium bis zu seinem Amtsantritt Mitglied im Kuratorium der Lohmann-Stiftung gewesen. Meyer: "Die CDU sollte sich dazu erklären, ob und inwiefern ihre politische Arbeit mit den Machenschaften der Agrarindustriellen in Verbindung steht."

Der Grünen-Politiker erneuerte im Zusammenhang mit der ARD-Sendung seine Kritik an Agrarminister Lindemann, der in dem vom ihm vorgelegten Tierschutzplan nichts an den Besatzdichten in der Industriemast ändern wolle. "Wir Grünen fordern deutlich mehr Platz für die Tiere und das Beenden der Schnabelkürzungen bei Puten und Legehennen", sagte Meyer.