Umgang mit Atommüll? Für unsere Region eine Überlebensfrage!

Wir schlagen Seite 31 des aktuellen Dierke–Weltatlas auf und finden dort in der Karte „Industrieraum Braunschweig“ drei „Endlager für radioaktiven Abfall (z.T. geplant)“ eingezeichnet. Da ist südöstlich von Braunschweig die „Asse II“, nahe Wolfenbüttel, im Westen „Morsleben“, noch näher an Helmstedt, und schließlich südwestlich „Schacht Konrad“, in unmittelbarer Nähe der Stadt Salzgitter.

Im Bergwerk Asse II sind 125 000 Fässer Atommüll eingelagert (darin enthalten unter anderem 11,6 kg des hochgiftigen Plutonium), in Morsleben mehr als 36 000 Kubikmeter radioaktive Abfälle (obwohl zentrales Lager der ehemaligen DDR, wurde übrigens der größere Teil davon nach 1990 aus westdeutschen Einrichtungen herangeschafft), Schacht Konrad soll ab 2013 mit 303 000 Kubikmetern Atommüll gefüllt werden.

Pech für die kleinen Asse-Gemeinden und natürlich für Wolfenbüttel? Traurig für die Helmstedter? Unschöne Perspektive für die Salzgitteraner? Ja, aber das „tief empfundene“ Mitgefühl der Nichtbetroffenen ist hier gar nicht angebracht. Denn: die Entfernung zum Mittelpunkt Braunschweigs beträgt bei „Asse II“ in Luftlinie etwa 18 Kilometer, bei Morsleben 38 Kilometer und bei „Schacht Konrad“ sogar nur 13 Kilometer. Im Fall des Falles wären wir alle betroffen, und bisher weiß wohl kein Mensch, wer in unserer Region an welcher Stelle am stärksten betroffen wäre.

Auch Grundwasser hat eine Fließrichtung

Wenn etwa in der Asse Grundwasser radioaktiv verseucht würde, würde sich diese Verseuchung ausbreiten. Es gibt mehrere Grundwasserhorizonte, die in den meisten Fällen miteinander verbunden sind. Und auch Grundwasser hat eine Fließrichtung, ähnlich den Flüssen an der Oberfläche. So fließt etwa die Aller nahe an Morsleben vorbei, sie bewegt sich durch den Norden Wolfsburgs und durchquert später Gifhorn. Oder die Altenau, die von der Asse kommend südlich von Wolfenbüttel in die Oker mündet, die dann ihre Fracht nicht nur nach Braunschweig brächte, sondern auch nach Schwülper, Hillerse, Meinersen usw. Oder die Erse (Schacht Konrad, Vechelde, Wendeburg…), oder die Fuhse (Schacht Konrad, Lengede Ilsede Peine, Uetze …).

Es hinge also lediglich von der Fließgeschwindigkeit des Grundwassers ab, ob die Schadstoffe in kurzer Zeit oder in einigen Jahrzehnten in unser Braunschweig Einzug hielten.

Ein anderes Gedankenexperiment verdeutlicht die gemeinsame Betroffenheit. Wenn sich – etwa nach der beantragten Flutung der Asse mit Magnesiumchlorid – über die Jahre unter Tage durch unkontrollierbare chemische Reaktionen giftige und explosive Gasgemische bildeten, wäre sogar die schlagartige Emission radioaktiver Partikel möglich. Wer dann wie stark betroffen wäre, hinge nur noch von der jeweils bestehenden Windrichtung ab… Und leider ist auch dies nicht auszuschließen.

Rolf Bertram, ehemals Professor am Institut für Physikalische und theoretische Chemie an der TU Braunschweig, warnt vor „jeder Menge chemischer Reaktionen“, wenn Lauge mit dem Atommüll in Verbindung käme. Sein Fazit: der Atommüll dürfe keinesfalls für alle Zeiten in der Asse eingeschlossen werden, „das Konzept muss geändert werden“. Es ist also keine Frage:

In dieser Frage haben alle in der Region
ein starkes gemeinsames Interesse!

Wir sind aber keineswegs erst dann betroffen, wenn der Fall der Fälle eintritt. Ein Beispiel: ein Mensch will sich ein Grundstück mit Haus kaufen. Wenn er das Gefühl hat, eine schöne Gegend mit intakter Umwelt gefunden zu haben, wird er zugreifen. Wenn dagegen Befürchtungen aufkeimen, dass die Umwelt in zehn oder zwanzig Jahren geschädigt oder zerstört werden könnte, sucht er eine andere Gegend. Er würde es vermutlich auch dann tun, wenn die Schädigung erst in 50 oder 60 Jahren eintreten könnte. Die potentiellen Verkäufer haben eh