Warten auf den Klimaschutzmanager?

Dank der Förderung durch den Bund liegt nun ein „Integriertes Klimaschutzkonzept für die Stadt Braunschweig“ vor! Auf dieser Grundlage hat der Rat am 14. Dezember den Beschluss gefasst, den Treibhausgasausstoß - ausgehend vom Jahr 1990 - bis zum Jahr 2020 um 40% zu reduzieren (Beschluss und Anlage). Gibt es erneut Zuschüsse vom Umweltministerium, dann wird die Verwaltung im Jahr 2012 einen Klimaschutzmanager einstellen, der - befristet auf drei Jahre - die Umsetzung des Konzeptes koordinieren soll.

 

Absehbar ist: Der Klimaschutzmanager wird sich bei seinem Amtsantritt erstmal eine solide Ausgangsbasis schaffen müssen, um überhaupt ein qualifiziertes Klimaschutzkonzept auf den Weg bringen zu können. Denn das von der GeoNet Umweltconsulting erstellte 200-Seiten-Papier hat- bei allen positiven Ansätzen - gravierende Defizite (s. auch „Umweltwerkstatt zum Klimaschutzkonzept“ in braunschweig-spiegel.de 20.12.2010).

Klimaschutzvorhaben mit analytischen Mängeln
·    Die Treibhausgasbilanz ist schöngerechnet. Die Hälfte des in Braunschweig benötigten Stroms kommt aus dem Kohlekraftwerk Mehrum. Statt des tatsächlichen Emissionsfaktors ist der Emissionsfaktor des Strommix Deutschland in Ansatz gebracht, der den Strom von BS Energy in ein viel zu klimafreundliches Licht stellt.
·    Die Treibhausgasbilanz basiert auf unverbindlichen Angaben. Mindestens zwei Drittel der energieverbrauchsbedingten Treibhausgase werden durch die Energieerzeugungsanlagen von BS Energy verursacht. BS Energy hat die Emissionsfaktoren für die Energieträger Strom und Fernwärme geschätzt. Eine nachvollziehbare Herleitung der vorgenommenen Schätzung gibt es nicht.
·    Im Klimaschutzkonzept fehlt eine auf den Punkt gebrachte Zwischenbilanz, die eindeutig benennt, in welchem Umfang von 1990 bis 2007 die CO2-Emissionen gesenkt werden konnten, und welche Treibhausgasmenge von 2008 bis 2020 einzusparen ist.

Klimaschutzvorhaben mit konzeptionellen Mängeln


·    Das „Klimaschutzkonzept“ der GeoNet Umweltconsulting  zeigt Potentiale zur Energieeinsparung sowie zur Nutzung von erneuerbaren Energien auf und unterbreitet viele Maßnahmenvorschläge zur Reduzierung von Treibhausgasen. Jedoch enthält es kein an definierten Minderungszielen ausgerichtetes Konzept im Sinne eines abgesteckten Handlungsrahmens, an dem sich der Klimaschutzmanager zukünftig orientieren kann.
·    Die Tatsache, dass BS Energy ein Viertel des Stromes aus Atommeilern bezieht, ist nicht thematisiert. Somit bleibt offen, wie es BS Energy zukünftig mit dem klimafreundlichen und zugleich hoch umweltschädlichen Atomstrom (Asse!!) halten will. Ein Verzicht auf Atomstrom würde die Treibhausgasmenge, die bis 2020 abzubauen ist, erheblich erhöhen. Dies hätte entsprechende Auswirkungen auf die Minderungsziele und müsste sich auf die Ausgestaltung des Konzeptes grundlegend auswirken.
·    Offen gelassen ist auch, in welchem Umfang in Braunschweig bis 2020 die Entwicklung von einem fossilen zu einem regenerativen Energiesystem befördert und damit zur Senkung des CO2-Ausstoßes beigetragen werden soll. Derartige Schritte bedürfen einer langfristigen Vorbereitung und müssten sich ebenfalls in einem fundierten Konzept niederschlagen.

Vorstoß der BIBS: Klimaschutz-Kick-off-Projekte
Die BIBS fordert in Sachen Klimaschutz ein offensiveres Vorgehen und hat für das kommende Haushaltsjahr 100.000 Euro für zwei kurzfristig realisierbare Kick-off-Projekte beantragt, die auf eine verstärkte Nutzung erneuerbarer Energien mit Kostenvorteilen für Energieverbraucher abzielen. In Anbetracht des hohen Solarpotentials in Braunschweig sollen zum einen Gestaltungsideen für eine qualitätvolle Einbindung von Solarflächen in die Stadt- und Siedlungsräume generiert werden. Zum anderen sollen - in Analogie zu den bei Bürgern immer beliebter werdenden energieautarken Dörfern - an den Stadträndern von Braunschweig „semiurbane Bioenergie-Cluster“ initiiert werden.

Der Antrag der BIBS wurde in der Sitzung des Planungs- und Umweltausschusses am 22. Dezember von CDU, SPD und FDP abgelehnt. Warum? Bündnis 90/Die Grünen haben sich bei der Abstimmung enthalten. Warum? Der Klimawandel wartet nicht bis in Braunschweig endlich auf den Ernst der Lage angemessen reagiert wird. Deshalb darf ein Warten auf den Klimaschutzmanager nicht zu einer Rechtfertigung des Nichtstuns werden, bis er denn – wenn überhaupt – kommt!