„Der Grenzwert für Stickoxid sollte sogar noch strenger werden“

19-01-14

So äußert sich die Düsseldorfer Umweltmedizinerin Dr. Barbara Hoffmann am 17.12.18 in einem Interview mit der Zeit-Online. (Link https://www.zeit.de/wissen/umwelt/2018-11/stickoxid-grenzwerte-umweltmedizin-barbara-hoffmann-eu-grenzwerte-feinstaub-verkehrsabgase). Sie ist Ärztin und Professorin für Umweltepidemiologie am Universitätsklinikum in Düsseldorf.

Sie widerspricht damit auch den Aussagen des Lungenfacharztes Prof. Dieter Köhler, der am 15.12.18 in einem Interview mit der Braunschweiger Zeitung erklärt hat , dass der Stickoxid-Grenzwert von 40 Mikrogramm willkürlich und viel zu niedrig festgelegt worden sei. Nach seiner Einschätzung leben Stadtbewohner „nicht gefährlich, jedenfalls nicht wegen des Stickstoffdioxids und auch nicht wegen der Feinstaubwerte in der Luft.“ - „Es stirbt kein einziger Mensch wegen Stickoxids an den Hauptstraßen.“

Allerdings hat schon 2005 eine langjährige Untersuchung von fast 4800 Frauen in NRW deutliche Risiken für Herz- und Lungenerkrankungen bewiesen. Die Feinstaubkohortenstudie Frauen in NRW „bestätigt damit das Ergebnis einer holländischen Kohortenstudie, die nachgewiesen hat, dass das Wohnen nahe an Hauptverkehrsstraßen oder Autobahnen langfristig das relative Risiko an kardiopulmonalen Todesursachen zu versterben fast verdoppelt.“ Als besonders kritische Schadstoffe werden Stickstoffdioxid (NO2) und Feinstaub (PM 10, PM 2,5) bewertet.

Auch für Prof. Hoffmannn ist das NO2 Indikator für die allgemeine Belastung der Atemluft durch verkehrsbedingte Schadstoffe, da NO2 mit den anderen Schadstoffen hoch korreliert ist.

Prof. Hoffmann verweist auf zahlreiche Studien zu dem Thema: „Neben den epidemiologischen Studien werden auch experimentelle Studien durchgeführt, zum Beispiel Zellexperimente und Tierversuche, um die biologische Wirkungsweise und die Plausibilität des Zusammenhangs von Luftverschmutzung und einzelnen Krankheiten zu belegen. Zusätzlich untersuchen wir Kurzzeiteffekte in Experimenten, die an Tieren und Menschen in Expositionskammern durchgeführt werden. Und dann haben wir auch noch Langzeitstudien mit Tieren über sechs oder zwölf Monate. Der letzte Baustein ist, dass man untersucht, wie in der Bevölkerung die Belastung mit dem Entstehen von Krankheiten korreliert.“

Dr. Hoffmann wendet sich auch ganz entschieden gegen die Relativierung der Gesundheitsrisiken durch den Hinweis Dr. Köhlers auf das Rauchen. Obwohl die Gesundheitsgefahren durch das Rauchen deutlich größer sind, gibt es für sie einen wesentlichen Unterschied: Beim Rauchen ist die Belastung ein paar mal am Tag sehr hoch, „den Rest der Zeit können sich die Abwehrmechanismen erholen. Der Vergleich, den Herr Köhler anstellt, hinkt auf allen Ebenen.“

Es hilft auch nichts, wenn man sich nicht direkt an der Straße aufhält, „die Luft in unseren Häusern kommt in erster Linie von draußen und enthält denselben Schadstoffmix“. Und betrifft so insbesondere auch Kinder, Alte und Kranke.

Sie plädiert für strengere Grenzwerte: In der Schweiz beträgt der NO 2-Grenzwert schon jetzt nur 30 Mikrogramm und der Grenzwert für den Feinstaub PM 2,5 lediglich 10 Mikrogramm - während die EU sogar 25 Mikrogramm für PM 2,5 erlaubt. Auch in den USA ist dieser Grenzwert mit 12 Mikrogramm wesentlich niedriger.

Ein anderes Thema ist das klimaschädliche CO2. Auch wenn dieser Stoff nicht direkt gesundheitsschädlich ist – auch wegen der Klimafolgen müssen große Anstrengungen unternommen werden, um die Emissionen im Verkehrsbereich insgesamt zu verringern.