Die RegioStadtBahn ist tot, es lebe die Regiobahn 2014+!

Regiobahn 2014+ oder wie der Bürger veralbert wird

Grandios ist die RegioStadtBahn (RSB) gescheitert! Es ist eine Fehlleistung über die Fachleute bundesweit noch lange den Kopf schütteln werden.

Unser um Wortschöpfungen nicht gerade verlegene „Zweckverband Großraum Braunschweig“ (ZGB) beglückt rechtzeitig vor der Kommunalwahl die überraschte Öffentlichkeit (und Politik) mit der wunderbaren Aussicht auf das Paradies auf Schienen in der Region, mit der neuerdings beworbenen Regiobahn 2014+. (Siehe Braunschweig-Spiegel: Das Märchen - oder die wundersame Wandlung von der RegioStadtBahn zur Regiobahn).

 

 

Ganz spannend ist in diesem Zusammenhang die Beantwortung der Frage, warum das Land wesentlich mehr Geld (unsere Steuern!) geben will. Mehr Geld für ein gewöhnliches Eisenbahnprodukt (Regiobahn), das den Menschen in der Region deutlich weniger Nutzen bringen wird als die RegioStadtBahn, die immerhin die Zentren miteinander verbindet? Warum also? Was geht da bei der Landesnahverkehrsgesellschaft (LNVG) vor, als Geldgeber? Traut man – berechtigterweise – nicht den Fähigkeiten der hiesigen Verkehrskompetenzregion?!

Wenn dem so ist, gäbe es hier dringenden Änderungsbedarf, frei nach Friedrich Karl Flick..  „Wenn bei einem Unternehmen die Kasse nicht stimmt, müssen sich entweder die Zahlen ändern oder die Gesichter...".

Fachkundige Spötter behaupten, das „+“-Zeichen in „Regiobahn 2014+“ habe dilatorischen Charakter. Möglich ist das; denn bei genauerem Hinsehen erscheint das ZGB-„Konzept“ doch in eher diffusem Licht:

Ø Das als neu verkaufte ZGB-"Konzept" ist letztlich nichts anderes, als das, was schon ewig im Nahverkehrsplan (NVP) des ZGB steht, und zwar unter dem Punkt „Mindestangebot im Schienenpersonennahverkehr (SPNV)“.

Was hier öffentlich groß gefeiert wird, ist also nur die Umsetzung der schon lange formulierten Ziele im eigenen NVP – und genau dafür ist der Aufgabenträger (ZGB) nun auch mal da.

Allerdings, wo vorher RegioStadtBahnen fahren sollten, werden es zukünftig nur noch ein Drittel bis maximal die Hälfte Regionalbahnen sein, die zudem an den Innenstädten vorbei fahren!

Ø Der Fahrzeugpool ist wirtschaftlich in der geplanten Form wohl eher eine tickende Zeitbombe, nicht nur für den ZGB (GmbH!), sondern auch für deren Gesellschafter, die Kommunen!

Jedes Eisenbahnverkehrsunternehmen (EVU), das mit diesen Fahrzeugen hier fahren soll, ist dazu nicht gezwungen. Es kann zwar durchaus andere (eigene) Fahrzeuge einsetzen, doch dann stehen die jetzt für viel Geld zu beschaffenden Fahrzeuge herum. Dann darf der ZGB die Kosten für den Pool tragen und hat keine Einnahmen aus der Vermietung. Aber das stand auch so - verklausuliert - in der ZGB-Vorlage. Wer lesen und verstehen kann, ist klar im Vorteil!

 

Ø Der Ausbau der Infrastruktur, der die 100%ige Wirkung (Takt-/ Zugfolge) garantieren soll/muss, wird natürlich keinesfalls bis 2014 und auch nicht bis 2015 umzusetzen sein. Aber auch das stand in den Vorlagen - zwischen den Zeilen.

Ø Die merkwürdige Diskussion um "neue" Bahnhöfe in Braunschweig wie Leiferde und Wenden ist wohl eher eine Beruhigungspille für die Entscheidungsträger.

Die Stationen gehören dahin, wo die Leute wohnen und nicht dorthin, wo die alte  Bundesbahn schon vor 25 Jahren die Infrastruktur   stillgelegt hat.

Neue Haltepunkte müssten demnach in Bienrode her - besser noch Kralenriede. Auch Querum würde mehr Menschen erreichen als Wenden und Leiferde je ziehen würden. Ein Blick auf die Einzugsgebiete (Stadtplan!) zeigt das ganz deutlich! Auch Rüningen (das besser Stöckheim genannt werden sollte, wegen der nahen Wohngebiete) gehört dazu.

 

 

Ø Und hinter allem steht natürlich auch die unabdingbare Verknüpfung mit dem Bahn- und Busverkehr der Stadt Braunschweig. Wo dies überhaupt möglich ist, zeigt wiederum ebenfalls der Blick auf die Karte. An manchen Stellen wären Ergänzungsstrecken nötig, vor allem für die Straßenbahn. Bei Planungs- und Umsetzungszeiten von durchschnittlich 40 (vierzig!) Jahren in Braunschweig ist das eine glatte Illusion. Hier versagen sowohl Politik und Verwaltung als auch die Verkehrsbetriebe!

 

 

Ø Warum selbst 2015 illusorisch ist, zeigt ein Hinweis auf die Sicherungstechnik. Schon das neue Stellwerk in Kreiensen, das DB-intern einen wesentlich höheren Stellenwert besitzt, hinkt schon über 3 Jahre der Inbetriebnahme hinterher.

 

 

Im derzeitigen Wahlkampf fordern einige Parteien ein Festhalten am RegioStadtBahn Konzept. Das ist gut so, denn perspektivisch macht das neue "Konzept" Regiobahn 2014+ die RSB nicht tot. Allerdings sollten bei der anstehenden Fortschreibung des NVP alle daran Beteiligten höllisch aufpassen und dafür sorgen, dass die RSB weiterhin Ziel bleibt. Jedoch - nach Lage der Dinge wird der ZGB diese Forderung unter den Tisch fallen lassen!

 

 

Noch eine Anmerkung zu den Bahnsteighöhen: Dieses Problem ist unangenehm aber auch nicht unlösbar, wie andere Städte (z. B. RegioTram Kassel) vorführen!

 

 

Wo aufpasst werden muss, ist die RSB-Kompatibilität in SZ-Lebenstedt, damit am derzeitigen Bahnhof mit Sekundärbauten ("ZOB" etc) nicht allzu viel Geld versenkt wird. Dies wäre im Hinblick auf die RSB verlorenes Geld, weil diese bekanntlich etwas näher an die "City" gelegt werden sollte. Für den Rest von SZ-Lebenstedt und Fredenberg müsste ein Konzept her, das den demographischen Wandel auffängt und wo die RSB als Katalysator der Stadtentwicklung dienen kann – die RSB als innerstädtisches Verkehrsmittel inbegriffen!

Das scheint aber in Braunschweig niemand verstanden zu haben, weder die KVG noch der Oberbürgermeister und weitere mögliche Entscheidungsträger. Wie so etwas funktioniert, ist jenseits der Grenzen in Frankreich zu besichtigen, also auch hier kein unbezahlbares Teufelswerk.

Interessant wäre auch die Beantwortung weiterer Fragen durch den ZGB:

Ø Mit welchen Kosten, umgerechnet auf die Einheit Euro/Zugkm wird gerechnet/kalkuliert für die Einrichtung und den Betrieb eines ZGB-Fahrzeugpools?

Ø Um wie viel Euro pro Zugkm wird nach dieser Rechnung/Kalkulation der Zuschusssatz mit einem ZGB-Fahrzeugpool geringer ausfallen gegenüber dem Fall ohne Fahrzeugpool?

Neben der Fahrzeugfinanzierung kann die Frage nach dem Bahnbetriebswerk ein entscheidendes Kriterium sein:

Ø Wo wird das Bahnbetriebswerk für die Poolfahrzeuge stehen und wer wird es betreiben?

Ø Welches Personal und wie viel wird für die ZGB-Fahrzeugpoolgesellschaft und die Betreuung der Poolfahrzeuge notwendig sein?

 

 

Ø Welche Risiken bestehen für den ZGB bei einem Fahrzeugpool (Fahrzeugbestellung bis einschließlich Betrieb), wie hoch/niedrig ist das jeweilige Risiko, wie erfolgt die Absicherung gegen das jeweilige Risiko und wie hoch/niedrig ist die Belastung für den ZGB, wenn das jeweilige Risiko eintritt?

Ø Weil sich mit einem Fahrzeugpool mehr Eisenbahnverkehrsunternehmen bewerben sollen als ohne Fahrzeugpool die Frage:

a) Welche Unternehmen werden sich nur auf Ausschreibungen mit Fahrzeugpool bewerben?
b) Wird sich auch die DB auf ein Netz mit Fahrzeugpoolvorgabe bewerben?

Ø dazu ergänzende Fragen:

agilis, trans regio oder die HLB zeigen, dass auch ohne Fahrzeugpool Netze mit Elektrotriebwagen von Wettbewerbern der DB gewonnen werden können:
a) agilis hat den Regensburger Stern gewonnen: Wie sind die Fahrzeuge dort finanziert worden?
b) trans regio hat die Linie Köln - Koblenz gewonnen. Wie sind dort die Fahrzeuge finanziert worden?

Ø Warum ist dieses beim ZGB nicht möglich bzw. warum ist der Fahrzeugpool besser?

Übernehmen die anderen betroffenen Aufgabenträger ebenfalls eine Kapitaldienstgarantie?
Wenn nein, welche Auswirkungen hat das für den Einsatz der Fahrzeuge im Insolvenzfall?

Ø Wie hoch kalkuliert der ZGB hier die Verringerung des Zuschusssatzes ein?

Ø Was muss der ZGB finanziell leisten, wenn ein neues Verkehrsunternehmen nicht in die bestehenden Verträge eintreten will oder nur zu anderen Konditionen oder die Fahrzeuge durch die Insolvenz in einem sehr schlechten Zustand sind?