Wie die BBG Mieterhöhungen erklärt und dabei die Flüchtlinge herhalten müssen
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- Veröffentlicht: Mittwoch, 05. Oktober 2016 08:04
- Geschrieben von Marian Klapp
Die Braunschweiger Baugenossenschaft (BBG) prangerte in Ihrem letzten Journal fett an, dass sich die Grundsteuer in Braunschweig dieses Jahr um 10% erhöht. Grund sei u.a. die Unterbringung von Flüchtlingen. Die höhere Grundsteuer werde, so ist im BBG-Journal zu lesen, in vollem Umfang auf die Betriebskosten umgelegt. Durch die Betonung der Flüchtlinge schürt die BBG erstens den gefährlichen und zugleich falschen Gedankengang, dass es der Bevölkerung wegen der Flüchtlinge schlechter geht. Zweitens bewirkt die Erhöhung der Grundsteuer nicht etwa eine 10 prozentige Mieterhöhung, wie mensch denken könnte, sondern nur eine Erhöhung um wenige Promille. Und drittens versucht die BBG damit unterschwellig, die Verantwortung für die teilweise drastischen Mieterhöhungen, u.a. aufgrund von Modernisierungen, auf die Grundsteuererhöhung und die Flüchtlingsunterbringung abzuwälzen.
Im BBG Journal (Sommer 2016/Ausgabe 83) ist von der Erhöhung der Grundsteuer in Braunschweig um rund 10% zu lesen. Dass die Stadt Braunschweig die Grundsteuer erhöht hat und die BBG dies auf die Betriebskosten umlegen wird, ist zunächst einmal in Ordnung. Fragwürdig ist allerdings die Begründung - von der auch nicht aus dem Artikel hervorgeht, wer sie geschrieben hat oder woher sie zitiert ist.
Die Begründung, warum die Stadt die Grundsteuer erhöht, sei laut dem BBG Journal zunächst die „Gewinnwarnung der Volkswagen AG“, also mögliche Einnahmeausfälle bei der Gewerbesteuer des Konzerns und seiner Zulieferfirmen. Desweiteren „Haushaltsbelastungen unter anderem durch die dauerhafte Aufnahme von Flüchtlingen seit Jahresbeginn.“
Der Haushalt der Stadt Braunschweig ist ein sehr komplexes Gebilde mit zahlreichen Einnahmen, Ausgaben und Investitionen in verschiedensten Bereichen. Auf Nachfrage bei der BBG stammen die o.g. Begründungen aus einer Veröffentlichung der Stadt Braunschweig für den Haushalt 2016. Diese selbst ist zu kritisieren, da es Gewinneinbußen nicht nur durch den VW-Skandal, sondern beispielweise auch durch Privatisierungs-Verluste von BS/Energy infolge von Zockerei am Strommarkt gibt.
Zu den Kosten der dauerhaften Flüchtlingsunterbringung ist Folgendes zu sagen: Zunächst einmal werden weniger als die Hälfte an Flüchtlingen als ursprünglich angenommen erwartet. Zweitens nimmt die Stadt dafür Kredite auf und bekommt zwei Jahre später einen Großteil der Ausgaben vom Land zurück. Drittens könnte in den errichteten Gebäuden, nachdem die Flüchtlinge darin untergebracht wurden, langfristig mehr bezahlbarer Wohnraum für z.B. Studierende und Geringverdiener entstehen.
Die Erhöhung der Grundsteuer und damit der Nebenkosten so herausstechend mit der Unterbringung von Flüchtlingen zu begründen, wie es die BBG in ihrem Journal tut, ist nicht korrekt, sondern willkürlich und unterschwellig fremdenfeindlich. Es fördert Gedanken auf BRAGIDA-Niveau (Die Schuldzuweisung: wegen der Flüchtlinge geht es uns schlecht) und die Diskriminierung der Geflüchteten.
Dies ist umso unnötiger in Anbetracht der Tatsache, dass die Auswirkung der Erhöhung der Grundsteuer B für die BBG-Mieter*innen eine geradezu zu vernachlässigende Kostensteigerungen ist, vor allem im Vergleich zu den Mieterhöhungen durch die Modernisierungen, die BBG-Mieter*innen in Kauf nehmen müssen, beispielsweise in der Kalandstraße oder der Schuntersiedlung. Ein Fallbeispiel aus BBG-Beständen: Dort steigen die Mietnebenkosten wegen der 10% höheren Grundsteuer um 0,32 €/Monat = ein Promille der bisherigen Gesamtmiete (300 €/Monat). Wegen Modernisierungsmaßnahmen – die absolut nichts mit Flüchtlingen zu tun haben - steigt die Miete dieser Wohnung im kommenden Jahr jedoch um 70 Prozent!
Eine Einschätzung, wie stark die Betriebskosten durch die Grundsteuererhöhung steigen werden, fehlt im BBG-Journal. Eine Entwarnung, dass die Erhöhung nur marginal ist, hat sich die BBG, so unterstelle ich ihr, bewusst gespart.
Obwohl sich die BBG, wie sie selbst schreibt, „mit Überzeugung einen Beitrag für die Integration in unserer Stadt leisten“ will, war eine Klärung und Richtigstellung dieses Artikels mit der BBG leider nicht möglich. Im Gegenteil: Sie vertritt die Ansicht, dass eine Diskussion des Artikels im BBG Journal „eine Diskussion im negativen Sinne nur anstacheln würde“. Schade!
Wenn mensch falsche Schuldzuweisungen nicht mehr richtigstellen soll aus Angst vor Menschen, die sich eventuell negativ in die Diskussion einbringen könnten, dann haben wir uns schon ganz schön einschüchtern lassen von BRAGIDA, AfD und Co. Damit wird im Übrigen deren Argument der „Lügenpresse“ auf ungewollte Weise bestärkt.