Ausstellung über die Wissenschaft des Judentums: Von Wolfenbüttel nach New York.

Juden, Shoahüberlebende aus USA, UK sind wegen antisemitischer Handlungen von Politikern gegen ihre Familienangehörigen gehindert, nach Deutschland zu reisen.

Brief an Frau Dr. Pöppelmann

Sehr geehrte Frau Dr. Pöppelmann,
Sie werden heute die o.a. Ausstellung eröffnen. Mein Ehemann und ich werden zu dieser Ausstellung am heutigen Tage zur Eröffnung anreisen. Wir kommen aus einem doppelten Interesse:
- dem Interesse an der Ausstellung,
- dem Interesse, die Besucher darauf aufmerksam zu machen, dass Juden ständig latenten oder konkreten Herabwürdigungen ausgesetzt sind.
Die Gründe für das letztgenannte Interesse beruhen einerseits auf den erlebten antisemitischen Handlungen gegen die eigene Person, andererseits auf der Gleichgültigkeit oder dem Wegschauen von Repräsentanten unserer Gesellschaft gegenüber diesen unwürdigen Handlungen. Anläßlich der Tatsache, dass die Ausstellung auch vom Auswärtigen Amt begleitet wird, das Auswärtige Amt sich gegenüber Shoahüberlebenden aus den USA aber nicht äußert, möchten wir auf diesen Sachverhalt öffentlich hinweisen. Herr Dr. Klein als Sonderbeauftragter für die Beziehungen zu jüdischen Organisationen wird sich dazu hoffentlich
äußern. Wir möchten um Ihr Verständnis bitten, den beigefügten Flyer am Eingangsportal des Museums ab 17.45/18.00 Uhr verteilen zu dürfen.
Wir werden morgen noch mit Ihrem Büro Kontakt aufnehmen.

Mit freundlichen Grüßen
Gottschalk

Auszüge aus dem Inhalt des Flyers

Unterstützung erbeten

Sehr geehrte Besucher der Ausstellung über die Wissenschaft des Judentums Von Wolfenbüttel nach New York.Für viele Juden, für Shoahüberlebende aus den USA und auch anderen Ländern, ist der umgekehrte Weg im Jahre 2016 nicht möglich. Sie möchten zwar ihre Verwandten in Deutschland besuchen, auch die Gedenkfeiern in Bergen-Belsen, sehen sich aber durch antisemitische Handlungen von deutschen Politikern wegen der damit verbundenen traumatischen Belastung daran gehindert. Briefe an die Botschaft in Washington, an das Auswärtige Amt zu diesen konkreten ausgrenzenden Handlungen werden nicht oder nicht inhaltlich beantwortet – weder von Herrn Außenminister Steinmeier, noch von Herrn Staatsminister Roth oder von Herrn Dr. Klein, Sonderbeauftragter des Auswärtigen Amtes für die Beziehungen zu jüdischen Organisationen. Soweit Antworten erfolgten, beschränkten sie sich auf Mitleidsbekundungen und allgemeine Ausführungen:
Den Antisemitismus zu bekämpfen und die Erinnerung an den Holocaust wachzuhalten, sind politische Daueraufgaben, denen sich die Bundesregierung verpflichtet sieht. Das Auswärtige Amt und die deutschen Auslandsvertretungen setzen sich weltweit engagiert hierfür ein und unterstützen eine Vielzahl von Projekten mit Auslandsbezug. Hierzu gehören gerade auch Begegnungen mit Holocaust-Überlebenden. Dies schließt die deutschen Botschaften in der Europäischen Union mit ein.

Schreiben an Außenminister Frank-Walter Steinmeier
Sehr geehrter Herr Minister Steinmeier,

im Auschwitz-Prozess zu Lüneburg 2015 wie auch im Auschwitz-Prozess zu Detmold 2016 hat mein Verwandter, Dr. Lebovits, über die Ermordung vieler Verwandter Zeugnis abgelegt. Er hat Zeugnis abgelegt, dass vor Abfahrt des Deportationszuges nach Auschwitz der Ortsvorsteher den Juden in seiner Abschiedsrede den Deportierten zurief:
„Auf Wiedersehen als Kompost/Dünger“

Am Volkstrauertag 2014 hat ein Vorstandsmitglied des SPD-Ortsvereins Laatzen – Herr Niemann - die Gedenkfeier mit der Platzierung eines Gedenkkranzes mit den Gedenkbändern:
Den Toten der Shoah zum Gedenken Ermordet-Vergast-Verbrannt-Verhungert mit „So ein Mist hier“ bewertet.
Frau MdB Dr. Flachsbarth hat hierzu am 19.11.2013 mitgeteilt: Deshalb ist auch Ihr Engagement, vor Ort in Laatzen den Blick auf alle Opfer zu weiten, wichtig. So sind die sechs Verben, die Sie in das Gedenken einbringen „gefallen, vergast, verhungert, ermordet, verbrannt, vermisst" ein wichtiger Beitrag, das Grauen konkreter zu benennen und der formelhaften Erinnerung zu widerstehen.

Am Volkstrauertag 2013 hatte der Ratsvorsitzende der Stadt Laatzen (SPD) – HerrStuckenberg - das mit den schriftlichen Worten:
Den Toten Gefallen-Ermordet-Vergast-Verbrannt-Verhungert-Vermisst durchgeführte Gedenken an die Ermordeten des Naziregimes und der Shoah öffentlich mehrfach mit „Erbärmlich“ bewertet.
Sehr geehrter Herr Minister Steinmeier,  dem Auswärtigen Amt liegt das Schreiben vom 15. Januar 2014 von Herrn Prof. Heller, ebenfalls Shoahüberlebender, zu dem o.a. Sachverhalt „Erbärmlich“ vor. An die Beantwortung dieses Schreibens hat Herr Prof. Heller nun mit Schreiben vom 13.11.2016 erinnert.
Meine Bitte: Treten Sie diesen o.a. Herabwürdigungen deutlich entgegen. Wir Juden brauchen Ihre Unterstützung! Meine am Volkstrauertag 2016 niedergelegten Trauersteine für zwei meiner in Auschwitz und Mauthausen ermordeten Verwandten, stellvertretend für meine beiden Großelternpaare, deren Kinder und Verwandte, sind vorgestern in den Kernbereich eines faschistisch konnotierten Ehrenmals „umgebettet“ worden. - Frei nach dem Motto: Ihr Juden gehört mit euren Trauersteinen auch heute nochmals dorthin, wohin ihr im „Schutze“ der Okkupationsmacht Wehrmacht schon einmal hingebracht worden seid.

Mit freundlichem Gruße
Gottschalk