Eingleisigkeit der Weddeler Schleife ist nicht das Problem

Mit dem nachfolgenden ersten Beitrag weist der bekannte Verkehrsexperte Roland Sellien nach, dass der Ausbau der "Weddeler Schleife" zwar wünschenswert, aber nicht unbedingt erforderlich ist, um den Fahrgästen ein besseres Angebot zwischen Braunschweig und Wolfsburg zu bieten. Er widerspricht damit dem ZGB-Verbandsdirektor Hennig Brandes, der die Verantwortung zunächst auf den Bund schiebt. (Red.)

Der Eisenbahnpersonenverkehr im Großraum Braunschweig

Eine Trilogie mit vier Teilen

 Eine Region wird vernetzt (1/3): 7:50 Minuten: Die Eingleisigkeit der Weddeler Schleife ist nicht das Problem.

Der Zweckverband Großraum Braunschweig (ZGB) fordert in einer Pressemitteilung vom 21.12.2011, dass der Bund die Priorität auf den zweigleisigen Ausbau der Weddeler Schleife legen muss, da sonst nicht mehr als der heutige Stundentakt zwischen Wolfsburg und Braunschweig gefahren werden kann, so der ZGB-Verbandsdirektor Hennig Brandes. Der ZGB will auch einen 30-Minuten-Takt anbieten, da so auch die langen Übergangszeiten von und nach Wolfsburg in Braunschweig verringert werden.

Ist der ZGB wirklich so „hilflos“ und ohne zweigleisigem Ausbau „aufgeschmissen“, wie die Pressemitteilung es erscheinen lässt?

 

Nein, denn dieser Zustand ist hausgemacht. Die derzeitige Lage der Regionalbahn zwischen Braunschweig und Wolfsburg ist auf Vinzelberg oder Uchtspringe ausgerichtet, aber nicht auf gute Anschlüsse in die Region in Braunschweig Hbf. Diese Fahrplanlage führt zu einem „Ping-Pong-Fahrplan“ auf der eingleisigen Infrastruktur mit entsprechend geringen möglichen Zugfahrten. Auch bewirkt dieser Ping-Pong-Fahrplan hier eine sehr hohe Störanfälligkeit, da Verspätungen auf die Gegenrichtung übertragen und nur langsam abgebaut werden. Mit der Erhöhung der Höchstgeschwindigkeit der Nahverkehrszüge von derzeit 120 km/h auf 160 km/h entspannt sich die Verspätungsübertragung zwar, aber das grundsätzliche Problem bleibt bestehen.

 Wird nun aber der Schienenpersonennahverkehr (SPNV) richtig gelegt, so dass in Braunschweig Hbf auch die Anschlüsse in die und aus der Region stimmen, dann sieht es plötzlich ganz anders aus. Auf der Weddeler Schleife entsteht ein großes Zeitfenster für die langsameren Güterzüge oder auch für zusätzliche Fernzüge. Der Fahrplan wird stabiler / zuverlässiger und es bleibt auch noch Platz für einen dem Stundentakt überlagerten Zwei-Stunden-Takt im SPNV, der in Braunschweig dann die fehlenden Anschlüsse herstellt.

Die Fahrplanlage des stündlichen SPNVs wie auch die Bestellung des zusätzlichen Zwei-Stundentakts liegt alleine im Verantwortungsbereich des ZGB. Mit diesem zusätzlichen Zwei-Stundentakt könnte das Angebot bereits um 50% erhöht werden.

Ein zweigleisiger Ausbau der Weddeler Schleife kann zu weiteren Angebotsverbesserungen führen. Dazu wäre zunächst nur ein Ausbau zwischen Weddel und Lehre notwendig, praktisch eine verlängerte Knotenmaßnahme Weddel.

Die Eingleisigkeit der Weddeler Schleife ist also nicht das Problem. Denn es kann infrastrukturseitig bereits heute ein Stundentakt plus Überlagerung (zusätzliche Züge) angeboten werden, mit den richtigen Anschlüssen in Braunschweig Hbf. Die Eingleisigkeit ist sicher nicht optimal, aber hier kein Problem. Denn sie beträgt nur 7 Minuten und 50 Sekunden.

Wirkliche Probleme oder Problemstrecken sind an anderer Stelle im ZGB-Gebiet vorhanden, beispielsweise dort, wo die Eingleisigkeit über 100 Minuten beträgt. Dieses aber soll im zweiten Teil aufbereitet werden. Zum Download des kompletten Artikels (1,5 MB).

 


Kommentare   
 
0 #2 Roland Sellien 2012-04-23 00:34
Sehr geehrter Herr Lüddecke,__das ist alles schon mit viel Weitsicht geschrieben, auch wenn Sie mir es sicher nicht glauben werden. _In der Umweltzeitung März/April 2012 hatte ich dargestellt, warum der Fernverkehr über Braunschweig nach Berlin gefährdet ist. Das liegt daran, dass nach Fertigstellung der Schnellfahrstrecke Erfurt – Halle/Leipzig die Relation Berlin – Frankfurt(M) über Erfurt schneller als über Braunschweig ist. Dadurch werden der Verbindung über Braunschweig Fahrgäste entzogen. Insofern ist das Potenzial für viele neue Fernzüge, so wie Sie es sehen, über die Weddeler Schleife begrenzt oder wahrscheinlich sogar nicht mehr vorhanden. Sollte ich da falsch liegen und das zusätzliche Potenzial und die daraus resultierende Nachfrage für viele neue Fernverkehrszüge übersehen haben, schreiben Sie uns dieses bitte als neuen Kommentar.__Sie kennen sicher den Abschlussbericht „Überprüfung des Bedarfsplans für die Bundesschienenwege“ vom November 2010 von BVU und Intraplan Consult. Ab PDF-Seite 581 ist der Planfall 33 Ausbaustrecke Löhne – Braunschweig – Wolfsburg (2. Baustufe) dargestellt. Dieser beinhaltet bereits die Zweigleisigkeit der Weddeler Schleife._Wie sie dem Text und den Abbildungen in diesem Kapitel entnehmen können, steigt die Zahl der Güterzüge über die Weddeler Schleife nur von 6 auf 9 Güterzüge. Die Zahl der ICE-Zugpaare bleibt mit 12 pro Tag gleich (siehe auch Abbildungen auf PDF-Seiten 109 und 186). Von „Chaos“ kann da keine Rede sein, selbst wenn die Zahl der Güterzüge noch wesentlich steigen sollte.__Welche s Betriebsprogram m bzw. welche Fahrplanlagen BVU und Intraplan Consult für den Schienenpersonennahverkehr (SPNV) angesetzt haben, steht nicht in der Untersuchung. Doch wie Sie meiner Ausarbeitung entnehmen können, ist die Lage des SPNVs ganz entscheidend für die Leistungsfähigk eit dieser eingleisigen Strecke. Nebenbei entsteht noch ein recht großes Zeitfenster für den zunehmenden Güterverkehr oder auch für zusätzliche Fernzüge, wenn der SPNV richtig und kundenfreundlic h liegt._Insofern ist hier keine „Überfälligkeit “ erkennbar. Es wäre daher der Diskussion sehr förderlich, wenn Sie Ihren Behauptungen „Hypothetisch? Klar, aber abzusehen!“ und „Deshalb ist ein Ausbau der Weddeler Schleife nicht mehr diskussionswürdig sondern eher überfällig weil nötig!“ auch belastbare Nachweise / Beweise folgen lassen und diese auf www.Braunschweig-Spiegel.de auch der Öffentlichkeit präsentieren. __Das Ziel ist ein wesentlich besseres Angebot für die Bürgerinnen und Bürger dieser Region von und nach Wolfsburg. Da werden Sie mir doch sicher zustimmen? Derzeit scheint aber für alle das oberste Ziel ein zweigleisiger Ausbau zu sein: Und solange der nicht kommt, kann das Angebot zwischen Wolfsburg und Braunschweig nicht verbessert werden. Ich habe gezeigt, dass bereits „ab sofort“ ein wesentlich verbessertes Angebot möglich ist. Dieses scheint aber derzeit nicht im Vordergrund zu stehen. __Mit freundlichen Grüßen_Roland Sellien_
 
 
 
0 #1 Torsten Lüddecke 2012-04-22 21:48
Ein schöner Bericht!
Aber leider nicht weit genug durchdacht denn es fehlt leider die wünschenswerte Weitsicht hinsichtlich des momentanen Ausbaus der Strecke zwischen Braunschweig und Hildesheim.
Es ist kaum damit zu Rechnen das die DB AG Millionen von Euro ausgibt um daraus keinen Nutzen zu ziehen, was da heißen würde das der Fernverkehr zunehmen wird - auch über die Weddeler Schleife. Hypothetisch? Klar, aber abzusehen!
Sollte das so kommen wird für den SPNV fast kein Platz mehr sein um durch dieses Nadelöhr auch noch zu fahren. Den aufkommenden Güterverkehr will ich noch nicht mal mit aufzählen. Sollte es dann noch Probleme an einer Strecke in unserer Region geben ist das Chaos vorprogrammiert wenn die Schleife als Umleiter genutzt werden muß.
Deshalb ist ein Ausbau der Weddeler Schleife nicht mehr diskussionswürdig sondern eher überfällig weil nötig!