SPIEGEL: Bundesagrarministerin Klöckner („Miss Ernte“) als Agrar-/Agrarindustrie-Lobbyistin

„Miss Ernte“ – so überschreibt der SPIEGEL seinen Artikel über Landwirtschaftsministerin Julia Klöckner als „Getriebene der Agrarlobby“ (richtiger wäre der Begriff „Agrarindustrie-Lobby“ EN). Klöckners „Zauber des Anfangs“ sei verfolgen, die Landwirtschaftslobby (besser. die Agrarindustrielobby EN) bestimme die Politik wie eh und je. Klöckner arbeite zwar unermüdlich an ihrem öffentlichen Bild, z.B. mit 1100 Fotos auf ihrem Instagram-Account), lasse aber Presse-Fragen unbeantwortet. Während sie auf publikumswirksame Auftritte ausweiche, übernehme der „altgediente Agrarpolitiker Staatssekretär Aeikens“ die Verhandlungen.   

Trotz Klöckners Selbstbewerbung und ihrer „frisch-fröhlichen Ausstrahlung eines Erntedank-Präsentkorbs“ sei das „Gemurkse“ rund um ein staatliches Tierwohllabel eine „nicht enden wollende“ Peinlichkeit. Genervt von der Hängepartie, hätten nun alle großen Handelsketten ein eigenes Haltungslabel entwickelt. (Siehe aktuell hier, um)

Ebenso sei Klöckners im Dezember mit großem Pomp angekündigte „Nationale Reduktions- und Innovationsstrategie für Zucker, Fette und Salz in Fertigprodukten“ (statt eines Zuckersteuers oder einer verständlichen Ampel-Kennzeichnung auf den Waren) lediglich eine freiwillige Selbstverpflichtung der Hersteller  (Iglo will auch, um) – was in den Niederlanden gerade gescheitert sei.

Das angekündigte Verbot von Glyphosat für den Privatgebrauch gebe es bis heute nicht, obwohl das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit ein großes Ausmaß missbräuchlicher Anwendung feststellte und Baumärkte das Mittel aus den Regalen nahmen.

Trotz fünfjähriger Vorbereitungszeit sei das Ferkel-Kastrationsverbot ohne Betäubung um zwei weitere Jahre verlängert worden, trotz höchstrichterlichem Urteil gegen zu enge Sauen-Kastenstände gebe es nach zwei Jahren erst ein zwei Seiten dürres Eckpunktpapier (mit Übergangsfristen von 15 Jahren). Auch deshalb habe das Land Berlin nun einen Normenkontrollantrag beim Bundesverfassungsgericht eingereicht.  

Derweil mache Klöckner Stimmung gegen Tierschützer, die Tierschutzvergehen filmen. Gleichzeitig zögere Klöckner, trotz erschütternder Zustände in Schlachthöfen , eine Videoüberwachung anzuordnen. 

Oftmals fragwürdig sei Klöckners Umgang mit wissenschaftlichen Erkenntnissen: Die Forderung nach einem gesellschaftlich akzeptierten Umbau der Tierhaltung in dem bereits 2015 erstellten Nutztierhaltungsgutachten des wissenschaftlichen Ministeriums-Beirats (wonach die Tierhaltung  weder zukunftsfähig noch artgerecht oder dem Tierschutzgesetz entsprechend sei) werde totgeschwiegen.

Laut Spiegel wird auch die Expertise des Beirats für eine neue Düngeverordnung „bis zur Unbrauchbarkeit verwässert“, so dass der Europäische Gerichtshof Deutschland wegen Verletzung von EU-Recht verurteilte.    

Trotz Klöckners Ankündigung „Was der Biene schadet, muss vom Markt“ stimmte Deutschland in Brüssel – anders als Schweden und Frankreich - für eine Zulassungs-Verlängerung des Neonicotinoids Thiacloprid, während Frankreich den Gebrauch sämtlicher Neonicotinoide untersage.  

Auch in die Debatte um eine Reform der gemeinsamen EU-Agrarpolitik du deren nationale Gestaltungsspielräume habe Deutschland laut NABU noch keine substanzielle Position eigebracht. Die Thünen-Institute für Ländliche Räume und für Betriebswirtschaft und das Julius-Kühn-Institut für Strategie und Folgeabschätzung beschreiben in einem noch unter Verschluss liegenden Papier  laut SPIEGEL einen „alarmierenden Ist-Zustand der Landwirtschaft“ in Sachen Reduktion von Treibhausgas-Emissionen, Artenschwund, Wasserbelastung, Ökolandbau-Flächen, und Tierwohl. 

Insgesamt, so heißt es im SPIEGEL, kämen die Wissenschaftler zu dem Schluss, dass zur Erreichung von Umwelt- und Klimazielen „das Geld für gezielte ökologische Maßnahmen eingesetzt werden müsste – und nicht so sehr für die Stützung landwirtschaftlicher Einkommen“.   

Ergebnisse einer aktuelle Umfrage des Bundesagrarministeriums, was den Bürgerinnen und Bürgern wichtig ist:

Artgerechte Tierhaltung – 70%
Schonender Umgang mit natürlichen Ressourcen – 68%
Faire Löhne – 64%
Qualität der Produkte – 63%
Umweltschonende Produktion – 54%
Pflege ländlicher Räume – 49%
Transparenz des Betriebs – 49%
Reduzierung schädlicher Emissionen – 37%